Erwerbsminderungsrente der Zusatzversorgungskasse – und der Krankengeldbezug

§ 39 Abs. 5 der Satzung der Satzung der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden (BayZVKS) bestimmt unter anderem, die Betriebsrente ruhe in Höhe des Betrages eines für die Zeit nach dem Beginn der Betriebsrente gezahlten Krankengeldes aus der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit dieses nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen ist.

Damit hat die Zusatzversorgungskasse inhaltsgleich die Regelung aus § 12 Abs. 5 des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 01.03.2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 12.03.2003 (ATV-K) übernommen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden die Satzungsbestimmungen der öffentlichrechtlichen Zusatzversorgungskassen als Allgemeine Versicherungsbedingungen auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Zusatzversorgungskasse als Versicherer zugunsten der versicherten Arbeitnehmer, abgeschlossen werden1. Für die Auslegung der Satzungsbestimmungen einer solchen Gruppenversicherung kommt es auch auf das Verständnis und Interesse eines durchschnittlichen Versicherten an2.

Er wird zunächst die in § 39 BayZVKS getroffene Regelung über Nichtzahlung und Ruhen der Betriebsrente als Ganzes in den Blick nehmen und feststellen, dass die von der Zusatzversorgungskasse gewährte Betriebsrente in Abhängigkeit von der gesetzlichen Rente gezahlt wird. So ist in § 39 Abs. 1 BayZVKS bestimmt, die Zahlung der Betriebsrente ende mit dem Ende der gesetzlichen Rente und werde bei Fortsetzung der gesetzlichen Rentenzahlungen wieder geleistet. § 39 Abs. 2 BayZVKS kann der Versicherte weiter entnehmen, dass bei Anrechnung eines Hinzuverdienstes auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente auch die Zusatzrente wegen Erwerbsminderung einer entsprechenden Anrechnung des Hinzuverdienstes unterliegt. Der Versicherte wird diese Regelung so verstehen, dass ihm Rentenleistungen wegen Erwerbsminderung sowohl aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch aus der Zusatzversicherung – nicht zustehen sollen, soweit ein Hinzuverdienst bestimmte Grenzen übersteigt und daher auf die Rentenleistungen anzurechnen ist.

Die Grenzen eines insoweit neben der Erwerbsminderungsrente unbedenklichen Hinzuverdienstes sind für die gesetzliche Rente in § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI festgelegt. § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI, auf welchen der Versicherte in § 39 Abs. 5 BayZVKS hingewiesen wird, bestimmt insoweit ergänzend, dass bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dem Arbeitsentgelt oder einkommen der Bezug von Krankengeld gleichsteht, welches aufgrund einer nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird. Daraus kann der durchschnittliche Versicherte entnehmen, dass ein – anstelle seines Hinzuverdienstes – im Krankheitsfalle gezahltes Krankengeld grundsätzlich in gleicher Weise wie der ursprüngliche Hinzuverdienst nach § 39 Abs. 2 BayZVKS auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen ist und insoweit dieselben Hinzuverdienstgrenzen gelten. Daraus folgt weiter, dass das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld ohne Einfluss sowohl auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung als auch die Zusatzrente der Zusatzversorgungskasse bleibt, solange die gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen aus § 96a Abs. 2 SGB VI nicht überschritten werden.

Die Grenzen eines insoweit neben der Erwerbsminderungsrente unbedenklichen Hinzuverdienstes sind für die gesetzliche Rente in § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI festgelegt. § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI, auf welchen der Versicherte in § 39 Abs. 5 BayZVKS hingewiesen wird, bestimmt insoweit ergänzend, dass bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dem Arbeitsentgelt oder einkommen der Bezug von Krankengeld gleichsteht, welches aufgrund einer nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird. Daraus kann der durchschnittliche Versicherte entnehmen, dass ein – anstelle seines Hinzuverdienstes – im Krankheitsfalle gezahltes Krankengeld grundsätzlich in gleicher Weise wie der ursprüngliche Hinzuverdienst nach § 39 Abs. 2 BayZVKS auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen ist und insoweit dieselben Hinzuverdienstgrenzen gelten. Daraus folgt weiter, dass das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld ohne Einfluss sowohl auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung als auch die Zusatzrente der Zusatzversorgungskasse bleibt, solange die gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen aus § 96a Abs. 2 SGB VI nicht überschritten werden.

Wie bereits das Landgericht München – I3zutreffend erkannt hat, sprechen sowohl der Bedingungswortlaut als auch der systematische Regelungszusammenhang, in den die Bestimmung gestellt ist, für die letztgenannte Auslegung.

§ 39 Abs. 5 BayZVKS macht dem durchschnittlichen Versicherten schon nicht deutlich, dass mit dieser Klausel die in § 39 Abs. 2 BayZVKS getroffene Regelung über Hinzuverdienst ergänzt oder verändert werden soll. Im Anschluss an § 39 Abs. 2 BayZVKS enthalten die Absätze 3 und 4 der Satzungsbestimmung weitere selbständige Regeln über das Ruhen der Zusatzrente bei Versagung der gesetzlichen Rente (Abs. 3) sowie im Falle eines Wohnsitzes des Versicherten außerhalb der Europäischen Union (Abs. 4). Diese Ruhenstatbestände stehen mit der in § 39 Abs. 2 BayZVKS getroffenen Regelung über Hinzuverdienst ersichtlich in keinem inneren Zusammenhang. Hätte der Satzungsgeber mit der erst in Absatz 5 getroffenen Regelung die bereits in Absatz 2 getroffene Regelung über die Anrechnung von Hinzuverdienst modifizieren oder ergänzen wollen, hätte es daher nahegelegen, die Regelung entweder in Absatz 2 selbst oder zumindest im unmittelbaren Anschluss daran in Absatz 3 zu treffen. § 39 Abs. 5 BayZVKS verweist im Übrigen für die Frage der Anrechenbarkeit von Krankengeld auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente lediglich auf § 96a Abs. 3 SGB VI, welcher die grundsätzlichen Voraussetzungen der Anrechenbarkeit des Krankengeldes regelt, nicht jedoch auf § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI, wo die für eine Anrechnung maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen geregelt sind.

Auch soweit sich der durchschnittliche Versicherte bemüht, den inhaltlichen Regelungszusammenhang zu erfassen, in den § 39 Abs. 5 BayZVKS gestellt ist, deutet für ihn die in Absatz 2 der Klausel getroffene Regelung über die Anrechnung von Hinzuverdienst auf beide Renten in Verbindung mit § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI darauf hin, dass die Frage einer Anrechnung von Hinzuverdienst oder (diesen ersetzendes) Krankengeld dort abschließend geregelt ist und § 39 Abs. 5 BayZVKS, in welchem von einem Hinzuverdienst nicht die Rede ist und die Nichtanwendung des § 96a Abs. 3 SGB VI gerade vorausgesetzt wird, einen anderen Fall regelt.

Bei dem von der Zusatzversorgungskasse vertretenen Verständnis des § 39 Abs. 5 BayZVKS ergeben sich zudem inhaltliche Widersprüche, die sich für den durchschnittlichen Versicherten nicht auflösen lassen.

Beträfe auch die in § 39 Abs. 5 BayZVKS getroffene Ruhensregelung das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld im Sinne von § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI und hinge das Ruhen der Betriebsrente davon ab, ob das Krankengeld die Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 SGB VI unterschreitet, stünde der Versicherte wie die Arbeitnehmerin im Streitfall bei Erhalt eines niedrigen Krankengeldes unter Umständen schlechter da, als wenn das Krankengeld die Hinzuverdienstgrenze überschritte. Denn in diesem Fall wäre die Betriebsrente lediglich nach § 39 Abs. 2 BayZVKS anteilig zu kürzen, während sie bei Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen in voller Höhe zum Ruhen gebracht werden könnte.

Der durchschnittliche Versicherte wird den Sinn der gesetzlichen und satzungsmäßigen Verbote des Kumulierens sozialer Leistungen darin erkennen, dass bestimmte Beeinträchtigungen seiner Erwerbsfähigkeit nicht mehrfach ausgeglichen werden sollen und er insoweit nicht besser gestellt werden soll als durch das zu ersetzende Arbeitsentgelt oder einkommen4. Er wird deshalb verstehen, dass er für denselben Einnahmeausfall nicht mehrfachen Ausgleich von verschiedenen sozialen Leistungsträgern erhalten kann, sofern eine solche Kumulation ihm nicht wie bei der von der Zusatzversorgungskasse getragenen Zusatzversorgung neben der gesetzlichen Rente ausdrücklich gesetzlich oder vertraglich zugesagt ist. Er wird mithin weiter verstehen, dass derselbe Erwerbsausfall ihm nicht zugleich durch Renten- und Krankengeldzahlungen ausgeglichen werden soll. Dieses Verständnis setzt allerdings voraus, dass zwischen beiden Ansprüchen eine Kongruenz hinsichtlich des auszugleichenden Einnahmeausfalls besteht5.

An dieser Deckungsgleichheit des Ausfallgrundes fehlt es im Streitfall. Die Arbeitnehmerin hat vor ihrer Krebserkrankung einen Ausgleich für ihre zuvor bereits erlittene teilweise Erwerbsminderung in Form von gesetzlicher Erwerbsminderungsrente und Zusatzrente erhalten und daneben aus ihrer verbliebenen (und insoweit nicht durch Rentenzahlungen ausgeglichenen) Arbeitskraft einen unterhalb der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen liegenden Hinzuverdienst erzielt. Das nach ihrer Krebserkrankung bezogene Krankengeld hat allein den Wegfall der diesen Hinzuverdienst tragenden Rest-Arbeitsfähigkeit, nicht hingegen die bereits zuvor erlittene Erwerbsminderung ausgeglichen. Von einer Leistungskumulation kann insofern keine Rede sein. Die Ruhensentscheidung der Zusatzversorgungskasse hat deshalb auch nicht eine nach der Erkrankung der Arbeitnehmerin eingetretene Besserstellung beseitigt, sondern zu einer Schlechterstellung geführt, denn vor ihrer Krebserkrankung bezog die Arbeitnehmerin zwei Erwerbsminderungsrenten und ihren Hinzuverdienst, während ihr danach infolge der Entscheidung der Zusatzversorgungskasse lediglich die gesetzliche Erwerbsminderungsrente und das Krankengeld als Ersatz für den ausgefallenen Hinzuverdienst verblieb.

Die dargelegten inhaltlichen Widersprüche, welche sich bei der von der Zusatzversorgungskasse vertretenen Auslegung des § 39 Abs. 5 BayZVKS ergeben, werden den durchschnittlichen Versicherten in der Annahme bestärken, dass die in § 39 Abs. 5 BayZVKS getroffene Regelung für Krankengeld im Sinne von § 96a Abs. 3 SGB VI, welches einen Hinzuverdienst ersetzt, keine Anwendung findet, gleichviel ob es die Hinzuverdienstgrenzen überschreitet oder nicht.

Soweit sich die Zusatzversorgungskasse darauf beruft, dass nicht ersichtlich sei, in welchen Fällen § 39 Abs. 5 BayZVKS bei der hier vertretenen Auslegung noch zur Anwendung komme, überspannt sie die Anforderungen an die Erkenntnismöglichkeiten eines juristisch nicht vorgebildeten durchschnittlichen Versicherten. Er hat keinen Überblick über die komplizierten sozialrechtlichen Regelungen zur Anrechnung von Krankengeld. Insbesondere ist ihm auch die gesetzliche Regelung in § 50 SGB V über die Beendigung oder Kürzung von neben Rentenzahlungen gewährtem Krankengeld nicht geläufig. Er ist deshalb zu der von der Zusatzversorgungskasse angesprochenen Prüfung nicht in der Lage. Auch soweit die Revision geltend macht, die Beschränkung der Regelung in § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI auf Krankengeld, das aufgrund einer erst nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, habe ihren Grund allein in einer unterschiedlichen Leistungsabwicklung der Krankenkassen, und erlaube nicht den Rückschluss, dass § 39 Abs. 5 BayZVKS lediglich auf Krankengeld anzuwenden sei, welches wegen einer vor Rentenbeginn eingetretenen Erkrankung gezahlt werde, ist der durchschnittliche Versicherte zu solchen Überlegungen nicht in der Lage, weil sie im Bedingungswortlaut keine ausreichende Stütze finden und er weder die Entstehungsgeschichte und Motive des § 39 Abs. 5 BayZVKS noch des § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI kennt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. September 2016 – IV ZR 318/13

  1. BGH, Urteile vom 23.06.1999 – IV ZR 136/98, BGHZ 142, 103, 106 ff. unter 2 a 1013]; vom 12.01.2011 – IV ZR 118/10, VersR 2011, 611 Rn. 11; vom 29.09.2010 – IV ZR 99/09 13; vom 24.03.2010 – IV ZR 296/07, VersR 2010, 656 Rn. 15, jeweils zur Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder; vom 14.06.2006 – IV ZR 55/05, VersR 2006, 1248 Rn. 8 zur Satzung der Zusatzversorgungskasse des Saarlandes[]
  2. BGH, Urteile vom 12.01.2011; vom 29.09.2010; vom 24.03.2010, jeweils aaO; vom 03.12 2008 – IV ZR 104/06, VersR 2009, 201 Rn. 13; vom 14.02.2007 – IV ZR 267/04, VersR 2007, 676 Rn. 10; vom 14.06.2006 – IV ZR 55/05, VersR 2006, 1248 Rn. 8; vom 14.05.2003 – IV ZR 76/02, VersR 2003, 895 unter – II 1 a 27][]
  3. LG München I, Urteil vom 13.08.2013 – 20 S 22851/12[]
  4. vgl. BT-Drs. 13/8671, S. 118; Jentsch in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. § 96a Rn. 31[]
  5. vgl. zur Kongruenz auch BSG, Urteil vom 25.11.2015 B 3 KR 3/15 R[]