Der Versorgungsschuldner kann nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts berechtigt sein, die Betriebsrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden zeitratierlich zu kürzen. Bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente wird in das Äquivalenzverhältnis zwischen der zugesagten Versorgungsleistung und der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Gegenleistung stets zweifach eingegriffen, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vorzeitig ausgeschieden oder bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente betriebstreu geblieben ist. Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsordnung vorgesehenen festen Altersgrenze nicht vollständig erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass der Arbeitnehmer die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt1.
Der ersten Störung im Äquivalenzverhältnis kann dadurch Rechnung getragen werden, dass entsprechend § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG eine Quotierung vorgenommen wird, indem die fiktive Vollrente zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der in § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmten Altersgrenze bzw. bis zu der in der Versorgungsordnung gegebenenfalls vorgesehenen niedrigeren festen Altersgrenze gekürzt wird. Die zweite Störung im Äquivalenzverhältnis kann entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung berücksichtigt werden. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat das Bundesarbeitsgericht als Auffangregelung einen sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung. Dabei ist die Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente ins Verhältnis zu setzen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zu der in § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmten Altersgrenze bzw. bis zu der in der Versorgungsordnung gegebenenfalls vorgesehenen niedrigeren festen Altersgrenze2.
Eine Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Versorgungszusage keine Regelung zur Berechnung der Betriebsrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden enthält. Regelt die Versorgungszusage die Höhe der Betriebsrente für diesen Fall selbst, ist für die Anwendung allgemeiner betriebsrentenrechtlicher Grundsätze kein Raum3.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. April 2014 – 3 AZR 435/12
- vgl. etwa BAG 25.06.2013 – 3 AZR 219/11, Rn. 25; 19.06.2012 – 3 AZR 289/10, Rn. 24; 15.11.2011 – 3 AZR 778/09, Rn. 34[↩]
- vgl. BAG 25.06.2013 – 3 AZR 219/11, Rn. 26; 19.06.2012 – 3 AZR 289/10, Rn. 25; 15.11.2011 – 3 AZR 778/09, Rn. 35[↩]
- vgl. hierzu zuletzt BAG 10.12 2013 – 3 AZR 726/11, Rn. 16; 10.12 2013 – 3 AZR 832/11, Rn. 26[↩]