Die VBL und die Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR

In einem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wandte sich ein in öffentlichen Dienst Beschäftigter erfolglog dagegen, dass im Rahmen der ihm aus Anlass der Systemumstellung in der Zusatzversorgung1 erteilten Startgutschrift Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der Deutsche Demokratischen Republik (DDR) nicht als Beiträge zu einem Zusatzversorgungssystem berücksichtigt worden sind, sondern zu einer Erhöhung der auf die Gesamtversorgung anrechenbaren gesetzlichen Rentenansprüche und damit im Ergebnis zu einer Verringerung seiner Zusatzrente geführt haben.

Der Bundesgerichtshof hatte bereits im Dezember 2012 entschieden, dass die beanstandete Startgutschriftenermittlung im Einklang mit gesetzlichen Regelungen steht und weder diese noch die bei Errechnung der Startgutschrift herangezogenen Satzungsbestimmungen der Beklagten über die Anrechnung der Grundversorgung auf die Gesamtversorgung gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG, verstoßen2. Weiter hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der in § 256a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB VI geregelte Nachteilsausgleich keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG begründet3.

Zudem sieht der Bundesgerichtshofs diese „Startgutschrift“ auch mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 GG als unproblematisch: Durch die Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme und die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus diesen Systemen in eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt, auch wenn das Grundrecht Renten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich schützt4. Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR lassen sich damit nicht vergleichen. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf im Gebiet der ehemaligen DDR vollendete Erwerbstatbestände5. Der Verantwortungsbereich der dem Grundgesetz verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland beschränkte sich sowohl tatsächlich als auch staatsrechtlich allein auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland6. Letztere musste infolgedessen grundsätzlich nicht für in der ehemaligen DDR begründete Rechtspositionen einstehen7, solange derartige Eigentumspositionen nicht im Einigungsvertrag als Eigentum ausgestaltet wurden. Anderes ergab sich auch nicht aus einer Gesamtrechtsnachfolge8. Der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland unterlag mithin nicht den Bindungen des Art. 14 Abs. 1 GG, als er Fragen der Überleitung von in der DDR erworbenen Rentenansprüchen und anwartschaften regelte.

Selbst bei unterstellter Ausstrahlungswirkung des Art. 14 Abs. 1 GG auf Bürger der ehemaligen DDR hat die Bundesrepublik Deutschland durch das Überführungsprogramm kein Eigentum der Rentner und Rentenanwartschaftsberechtigten entzogen, weil nach dem finanziellen Zusammenbruch der DDR Werte zur Deckung ihrer sozialrechtlichen Ansprüche nicht vorhanden waren und mithin Vermögen, das zur Rentenzahlung hätte genutzt werden können, weder auf die Funktionsnachfolger noch auf die Bundesrepublik überging9.

Überdies wäre auch bei angenommenem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, dass Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt werden (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) und der Gesetzgeber bei Festlegung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen im Interesse der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der Rentenversicherung einen weiten Gestaltungsrahmen hat. Rentenansprüche und anwartschaften können mithin beschränkt werden, sofern dies dem Zweck des Allgemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht10. Angesichts der mit der Wiedervereinigung verbundenen finanziellen Lasten, für die die Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortlich ist11, war die Überführung der Rentenansprüche und anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen der DDR in eine Vollrente der gesetzlichen Rentenversicherung unter Wahrung des Bestandsschutzes mit Blick auf eine Begrenzung der finanziellen Ausgaben geeignet, erforderlich und für die Betroffenen auch zumutbar6.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. Mai 2013 – IV ZR 60/12

  1. vgl. dazu BGH, Urteile vom 14.11.2007 IV ZR 74/06, BGHZ 174, 127 ff. und vom 24.09.2008 IV ZR 134/07, BGHZ 178, 101 ff.[]
  2. BGH, Beschluss vom 05.12.2012 – IV ZB 22/12[]
  3. BGH, a.a.O., Rn. 10 ff.[]
  4. vgl. BVerfGE 53, 257, 289 ff.[]
  5. vgl. dazu BSGE 76, 136, 149 m.w.N.[]
  6. BSG aaO[][]
  7. vgl. BVerfGE 84, 90, 122 f.[]
  8. vgl. dazu BSG aaO m.w.N.[]
  9. BSG aaO m.w.N.[]
  10. vgl. BVerfGE 53, 257, 292 f; 58, 81, 121[]
  11. vgl. BVerfGE 84, 90, 131[]