Die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter stellt für einen Facharbeiter grundsätzlich eine zumutbare Verweisungstätigkeit nach dem vom Bundessozialgericht zur Berufsunfähigkeit i.S. von § 240 SGB VI entwickelten Mehrstufenschema dar. Derartige Tätigkeiten stehen nach dem Ergebnis der berufskundlichen Ermittlungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Die soziale Zumutbarkeit ergibt sich daraus, dass diese Tätigkeiten von den Tarifvertragsparteien in der neuen Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV‑L) durch die tarifliche Einstufung in Entgeltgruppe 3 in ihrem qualitativen Wert dem Leitberuf des angelernten Arbeiters gleichgestellt sind.
Durch das am 1.01.2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.20001 hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1.01.1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2.01.1961 geboren sind, können nun gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben – bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen – Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2.01.1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Der Kläger kann zwar aus gesundheitlichen Gründen seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter mit Vorgesetztenfunktion nicht mehr ausüben. Dennoch ist der Kläger nicht berufsunfähig. Kann der Versicherte seinen „bisherigen Beruf” aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist (sogenannte subjektive Zumutbarkeit) und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann (objektive Zumutbarkeit). Das Bundessozialgericht hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung sozial zumutbarer Verweisungstätigkeiten2 ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der „oberen Angelernten” (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten) und „unteren Angelernten” (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Ferner ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann3.
Ausgangspunkt der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist danach der „bisherige Beruf”, den der Versicherte ausgeübt hat. Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war4. Der Kläger, der keinen Beruf erlernt hat, war zuletzt über 30 Jahre als Lagerarbeiter beschäftigt. Nach – insoweit allerdings nicht widerspruchsfrei gebliebenen – Angaben des ehemaligen Arbeitgebers erforderte die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eine Anlernzeit von bis zu zwei Jahren. Fest steht, dass der Kläger gegenüber vier Personen (Lagerarbeiter) eine Vorgesetztenfunktion eingenommen hat. Ihm oblag die Leitung des Lagers; zuletzt war er auch als Versandleiter tätig, was dazu führte, dass er direkt der Geschäftsleitung unterstellt war. In dieser Eigenschaft bezog der Kläger neben einem festen Gehalt eine „Meisterprämie” von 490 EUR monatlich sowie eine variable Prämie und ihm wurde ein Geschäftswagen zur Verfügung gestellt. Der Aufgabenbereich des Klägers umfasste neben der Unterstützung bei Be- und Entladen verschiedenster LKWs vor allem den Umgang mit dem Lagerpersonal, die Organisation der Mitarbeiter im Lager, die Organisation des Lagers selbst sowie den „Kontakt ins Büro” als Ansprechpartner für den Betrieb. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die tatsächlichen Umstände der Berufsausübung es rechtfertigen, den Kläger einem Facharbeiter gleichzustellen. Zweifel daran bestehen aus Sicht des Senats im Hinblick darauf, dass nach den Bekundungen des Zeugen weder eine wie auch immer geartete Ordnung bzw. Systematik bei der Lagerung zu beachten war und keinerlei EDV-Einsatz erfolgte; damit stellt sich die Tätigkeit des Klägers als im wesentlichen durch körperliche Tätigkeit geprägt dar. Aber auch bei Beurteilung als Facharbeiter liegt beim Kläger keine Berufsunfähigkeit vor. Nicht in Betracht kommt in jedem Fall eine Einstufung in die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion, wie vom Kläger begehrt. Das BSG hat den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion gebildet, um Versicherte mit Leitungsfunktion, deren Berufstätigkeit infolge besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen die des Facharbeiters in ihrer Qualität noch deutlich überragt, in einer besonderen Gruppe zusammenzufassen5. Schlichte Vorarbeiter, die keine wesentlich anderen, höherwertigen Arbeiten als die der Gruppe der Facharbeiter angehörenden Arbeiter verrichten, fallen nicht hierunter6. Vielmehr müssen hierfür regelmäßig Weisungsbefugnisse nicht nur gegenüber Angelernten und Hilfsarbeitern, sondern gegenüber mehreren Facharbeitern und – wegen der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und nicht etwa aufgrund des Lebensalters oder langjähriger Betriebszugehörigkeit – die Zugehörigkeit zur Spitzengruppe in der Lohnskala der Arbeiter verlangt werden; andrerseits ist zu fordern, dass der Versicherte nicht seinerseits Weisungen eines anderen Beschäftigten im Arbeitsverhältnis befolgen muss7. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Senat steht aber fest, dass diese Voraussetzungen beim Kläger nicht vorlagen. Unter den vier, dem Kläger nachgeordneten Lagermitarbeitern befand sich ausweislich der Arbeitgeberauskunft vom 07.07.2005 sowie vom 08.01.2010 kein Facharbeiter. Nach den Bekundungen des Zeugen in der nichtöffentlichen Sitzung des Senats vom 31.01.2011 weist das Unternehmen mittlerweile sechs Lagerarbeiter auf, unter denen sich eine fertig ausgebildete Fachkraft für Lagerlogistik befindet, wohingegen die anderen als angelernte Mitarbeiter einzustufen sind. Demnach lägen selbst zum heutigen Tage die Voraussetzungen nicht vor.
Von dem zuletzt ausgeübten Beruf hat sich der Kläger durch seine anschließenden Krankheitszeiten nicht gelöst, so dass er – bewertet man diese Tätigkeit nach dem Mehrstufenschema als Facharbeitertätigkeit – nur auf Tätigkeiten als Angelernter verwiesen werden kann. Zur Überzeugung des Senats ist aber der Kläger zumutbar auf eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter nach Entgeltgruppe 3 des Teil I „Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst” der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV‑L) – eingeführt mit Änderungstarifvertrag Nr. 4 vom 02.01.2012 zum TV‑L – zu verweisen. Derartige Tätigkeiten existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der durchgeführten Ermittlungen, insbesondere der eingeholten Arbeitgeberauskünfte im Bereich des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen; bereits die Befragung ausgewählter Arbeitgeber aus diesem Kreise, beschränkt auf den süddeutschen Raum, hat eine signifikante Anzahl an entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen ergeben, die keine abgeschlossene Berufsausbildung und eine Anlernzeit von max. 3 Monaten erfordern und für betriebsfremde Personen offen stehen. Dabei erfolgt die Eingruppierung von Anfang an in der Entgeltgruppe 3 der Entgeltordnung zum TV‑L bzw. in der entsprechenden Entgeltgruppe nach dem Tarifvertrag für die Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung (TV-TgDRV) bzw. dem BAT AOK, soweit die Tätigkeit bei Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes ausgeübt wird.
Auch kann der Kläger nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts die für die Ausübung der genannten Verweisungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von drei Monaten erwerben. Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost (Postsäcke, Postkörbe, Pakete, Briefsendungen, u.a.) sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerkes, das Anklammern der Anlagen; das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher8. Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z. T. in Großraumbüros (Poststelle). Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände; ausreichend sind durchschnittliche Lese- und Schreibkenntnisse9. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in einer Poststelle; denn der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle wird dort regelmäßig von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen10. Der Kläger wird danach mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht. Der Umstand, dass dem Kläger angesichts seiner orthopädischen Beeinträchtigungen nur noch ein Heben/Tragen bis 10 kg zumutbar ist, steht dabei einer Verweisung nicht im Wege. Zwar kommt damit für den Kläger nicht mehr jeder Arbeitsplatz in einer Poststelle in Betracht. Für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist indes nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die grundsätzliche Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind10. Dies ist zur Überzeugung des Senats aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Ermittlungen der Fall. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken an einer objektiven Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit als Poststellenmitarbeiter. Die hierzu erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger innerhalb von drei Monaten erwerben, auch wenn er eine verwaltungsnahe bzw. kaufmännische Ausbildung nicht absolviert hat; dabei ist zu berücksichtigen, dass – wie die Ermittlungen des Senats ergeben haben – Vorkenntnisse weitgehend ohne Bedeutung sind. Vor dem Hintergrund der zuletzt von ihm ausgeübten verantwortungsvollen und anspruchsvollen Tätigkeit als Leiter des Lagers sowie des Versands mit ihren vielfältigen organisatorischen und personellen Anforderungen – im Zuge dessen er nach Bekundung des Zeugen sowie nach den schriftlichen Zeugenaussagen des Arbeitgebers gleichsam eine Stelle als Meister innegehabt hat – verbieten sich Zweifel daran, ob der Kläger intellektuell im Stande ist, die Anforderungen an die Verweisungstätigkeit zu erfüllen. Dies gilt auch, soweit der Kläger vorträgt, er habe beruflich bislang nicht mit Personalcomputern zu tun gehabt. Zum einen erscheint dies etwas widersprüchlich angesichts der Zeugenaussage in der nichtöffentlichen Sitzung des Senats vom 31.01.2011, wonach der Kläger zuletzt auch die Versandabteilung geleitet hat, welche mit einem wenn auch antiquierten Programm zur elektronischen Datenverarbeitung ausgestattet war. Zum anderen genügen ausweislich der vom Senat eingeholten Arbeitgeberauskünfte einfache, grundlegende PC-Kenntnisse. Insbesondere unter Berücksichtigung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit kann von dem Kläger erwartet werden, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC jedenfalls innerhalb des genannten Zeitraums zu erwerben, selbst wenn er keinerlei Vorkenntnisse besitzen sollte bzw. er bisher nicht in der Bedienung einer Tastatur geübt gewesen sein sollte11.
Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters ist dem Kläger auch subjektiv zuzumuten. Als Facharbeiter darf der Kläger grundsätzlich – wie bereits ausgeführt – lediglich auf Tätigkeiten verwiesen werden, die zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern. Dies ist beim Poststellenmitarbeiter nach Entgeltgruppe 3 Teil I „Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst” der Entgeltordnung zum TV‑L zwar nicht der Fall; den eingeholten Arbeitgeberauskünften zufolge ist von einer Anlernzeit für die in Betracht kommenden Stellen von 3 bis 6 Wochen auszugehen. Damit ist aber der Kreis der in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten noch nicht abschließend umschrieben. Vielmehr sind den durch die Ausbildungsdauer charakterisierten Leitberufen solche Berufe qualitativ gleichwertig, die von den Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag durch ihre tarifliche Einstufung in ihrem qualitativen Wert den Leitberufen gleichgestellt sind12. Die Zuerkennung einer maßgeblichen Bedeutung der tarifvertraglichen Einstufung einer Tätigkeit auch für die Beurteilung des qualitativen Wert dieser Tätigkeit beruht darauf, dass die Tarifvertragsparteien die Bedeutung einer Tätigkeit, d.h. ihre Qualität, regelmäßig besser beurteilen können, als dies der Verwaltung oder Rechtsprechung möglich ist. Die tarifvertragliche Einstufung einer Tätigkeit ist deshalb i.d.R. maßgebend für den qualitativen Wert dieser Tätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas, soweit die Einstufung nicht auf qualitätsfremden Merkmalen beruht6. Demgemäß hat das BSG entschieden, dass die Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII zum Bundesangestelltentarif (BAT) einem Facharbeiter grundsätzlich zumutbar sind: Zwar sind die Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT in der Anlage 1a zum BAT nicht in der Form beschrieben, dass allgemein Tätigkeiten aufgeführt würden, die eine bestimmte Ausbildungsdauer voraussetzten. Es handelt sich aber nach den für diese Vergütungsgruppe aufgestellten Tätigkeitsmerkmalen grundsätzlich um Tätigkeiten, die zumindest eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten erfordern und damit als Verweisungstätigkeit auch einem Facharbeiter zumutbar sind13.
Der BAT ist bereits zum 1.10.2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) im Bereich der Bundesverwaltung und der Kommunen abgelöst worden. Für die Beschäftigten der Länder ist zum 1.11.2006 der TV‑L an die Stelle des BAT getreten. Nachdem sich die Tarifvertragsparteien zunächst nicht auf ein neues Eingruppierungsrecht einigen konnten, blieben die Eingruppierungsvorgänge bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TV‑L am 1.01.2012 vorläufig; für Eingruppierungen ab dem 1.11.2006 erfolgte auf Grundlage der Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT mittels Anlage 4 Teil A des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV‑L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ Länder) eine Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TV‑L. Danach wurde ab 1.11.2006 bei neu eingestellten Beschäftigten, die nach altem Recht in VIII BAT einzustufen gewesen wären, die Zuordnung zur Entgeltgruppe 3 vorgenommen, unabhängig davon, ob nach altem Recht ein so genannter Bewährungs‑, Tätigkeits- oder Zeitaufstieg möglich gewesen wäre. Für die Übergangsphase blieb die Entgeltgruppe 4 unbesetzt; der früher nach VIII BAT mögliche Bewährungsaufstieg spiegelte sich im Übergangsrecht nicht wieder. Entsprechend wurde im Bereich der Deutschen Rentenversicherung verfahren; hier erfolgte ebenfalls durch eine Anlage 4 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung (TVÜ-TgDRV) eine Zuordnung von VIII BAT TV TgRV zur Entgeltgruppe 3. Dementsprechend stellten die befragten Arbeitgeber im Bereich der öffentlichen Verwaltung ausweislich der noch vor Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zum TV‑L eingeholten Arbeitgeberauskünfte den Poststellenmitarbeiter in der Übergangsphase in der Entgeltgruppe 3 bzw. im Äquivalent im TVÜ-TgDRV ein. Während diese Übergangsphase im Bereich der Deutschen Rentenversicherung fortdauert, ist mit Wirkung zum 1.01.2012 die Entgeltordnung zum TV‑L in Kraft getreten und hat in Teilen eine Neukonzeption mit sich gebracht. So ist an die Stelle des in Vergütungsgruppe IX b1 zum BAT vorgesehenen „Angestellten im Büro‑, Registratur‑, Kassen‑, Buchhalterei‑, Sparkassen‑, Kanzlei‑, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit einfacheren Arbeiten” sowie an die Stelle des in Vergütungsgruppe VIII 1a geregelten „Angestellten im Büro‑, Registratur‑, Kassen‑, Buchhalterei‑, Sparkassen‑, Kanzlei‑, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit schwierigerer Tätigkeit” in der neuen Entgeltordnung im Teil I „Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst” der „Beschäftigte im Büro‑, Buchhalterei‑, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit einfachen Tätigkeiten” (Entgeltgruppe 2 der Entgeltordnung) bzw. der „Beschäftigte im Büro‑, Buchhalterei‑, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anleitung erforderlich ist, die über eine Einarbeitung im Sinne der Entgeltgruppe 2 hinausgeht” (Entgeltgruppe 3) sowie – ohne Entsprechung im bisherigen BAT – der „Beschäftigte im Büro‑, Buchhalterei‑, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit schwierigen Tätigkeiten” (Entgeltgruppe 4) getreten.
Grundsätzliches Ziel dieser Neukonzeption war nach übereinstimmender Aussage der Tarifvertragsparteien14 eine „Abbildung” der nach BAT vorgesehenen dreijährigen Bewährungsaufstiege von Vergütungsgruppe VIII nach Vergütungsgruppe VII auch in der neuen Entgeltordnung zum TV‑L. Zu diesem Zwecke haben die Tarifvertragsparteien die Tätigkeiten nach der ehemaligen Vergütungsgruppe VIII BAT Fallgruppe 1a, deren bisheriges Tätigkeitsmerkmal („Angestellte mit schwierigerer Tätigkeit”) in der neuen Entgeltordnung keine Entsprechung mehr findet, teilweise der Entgeltgruppe 4 und teilweise der Entgeltgruppe 3 zugeordnet. Im Hinblick auf die Neustrukturierung haben sich die Tarifvertragsparteien dabei auf folgende Niederschrifterklärung zu Teil I Entgeltgruppe 4 Fallgruppe 1 geeinigt:
„Die Tarifvertragsparteien haben sich in der Entgeltgruppe 4 Fallgruppe 1 auf das neue Heraushebungsmerkmal „schwierige” Tätigkeiten verständigt. Im Hinblick auf die Neustrukturierung der Tätigkeitsmerkmale in den Entgeltgruppen 3 und 4 (Allgemeiner Teil) im Rahmen der neuen Entgeltordnung waren sie sich darüber einig, dass die bisher unter das Heraushebungsmerkmal „schwierigere Tätigkeiten” (ehemals Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1a im Teil I der Anlage 1a zum BAT/BAT‑O und Beispielkatalog hierzu) fallenden Tätigkeiten in Abhängigkeit ihrer jeweiligen konkreten Anforderungen der Entgeltgruppe 3 oder der Entgeltgruppe 4 zugeordnet werden sollen. Unter Bezugnahme auf den oben genannten Beispielkatalog werden die Tätigkeiten „Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung”, „Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben”, „Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge – auch ohne Anleitung -” der Entgeltgruppe 3 zugeordnet. Die Tätigkeiten „Führung von Karteien oder elektronischen Dateien, die nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordnet sind oder deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt”, werden der Entgeltgruppe 4 zugeordnet.”
Während die Entgeltgruppen 1 bis 3 weiterhin kein Ausbildungserfordernis aufweisen, wird nach dem Willen der Tarifvertragsparteien für die Entgeltgruppe 4 eine Ausbildung von weniger als drei Jahren gefordert (vgl. Protokollerklärung Nr. 7 Allgemeiner Teil); erst ab Entgeltgruppe 5 aufwärts ist dann eine Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren erforderlich.
Danach führt die durch die neue Entgeltordnung dem Poststellenmitarbeiter nach Teil I „Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst”, Entgeltgruppe 3 vermittelte qualitative Wertigkeit weiterhin zu einer Gleichstellung zu Anlernverhältnissen15. Diese ergibt sich bereits daraus, dass der weitaus größere Teil der im Beispielkatalog in der Vergütungsgruppe VIII 1a aufgeführten Tätigkeitsmerkmale in der Entgeltgruppe 3 „verblieben” ist. Das BSG hat indes in der genannten Entscheidung vom 12.09.1991 ganz maßgeblich auf die beispielhaft aufgeführten Tätigkeitsmerkmale zur Bestimmung der tarifvertraglich verliehenen Wertigkeit abgestellt. Es hat wörtlich ausgeführt, „die zur Vergütungsgruppe VIII aufgeführten Tätigkeitsmerkmale (Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, Entwürfe von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben; Erledigung von ständig wiederkehrenden Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung; Führung von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien sowie von solchen Karteien, deren Führung die Kenntnisse fremder Sprachen voraussetzt; Kontenführung), zeigen aber, dass nach der Bezeichnung nur Tätigkeiten erfasst sind, die eine längere Anlernzeit voraussetzen.”16. Mag demnach durch die Neukonzeption der Anwendungsbereich der Entgeltgruppe 3 durch eine Aufwertung einzelner, bislang gleichfalls erfasster Tätigkeiten gegenüber demjenigen der Vergütungsgruppe VIII 1a geringer geworden sein, so verbleibt es aber weiterhin bezüglich der in Entgeltgruppe 3 verbliebenen Tätigkeiten bei der vom BSG getroffenen Bewertung, wonach diese grundsätzlich zumindest eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten erfordern. Für dieses Ergebnis spricht auch das Abgrenzungsmerkmal der Entgeltgruppe 3 gegenüber der Entgeltgruppe 2: Danach fordert die höherrangige Entgeltgruppe 3 Tätigkeiten, für die eine die Anforderungen nach Entgeltgruppe 2 übersteigende, eingehende Einarbeitung bzw. fachliche Anordnung erforderlich sind. Die (kurze) Einarbeitung bei der Entgeltgruppe 2 wiederum erstreckt sich nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien auf einen Zeitraum von mehreren Tagen oder wenigen Wochen. Umgekehrt zeichnet sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Entgeltgruppe 4 gegenüber der Entgeltgruppe 3 durch das Erfordernis einer unter dreijährigen Ausbildung aus. Für eine weiterhin gegebene tarifvertragliche Gleichstellung der Entgeltgruppe 3 zu Anlernverhältnissen spricht ferner, dass mit der neu geschaffenen Entgeltgruppe 4 in erster Linie eine „Abbildung” der dreijährigen Bewährungsaufstiege von Vergütungsgruppe VIII nach Vergütungsgruppe VII beabsichtigt war. Die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs war aber schon nicht Bestandteil derjenigen tarifvertraglich geregelten Merkmale, denen das BSG maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung des qualitativen Werts der Tätigkeiten nach der Vergütungsgruppe VIII 1a und letztlich für die Gleichstellung zu einer angelernten Tätigkeit zuerkannt hat17. Dies wäre auch schwerlich mit Sinn und Zweck des Bewährungsaufstiegs zu vereinbaren gewesen: Die Tarifvertragsparteien sind bei der Regelung über den Bewährungsaufstieg davon ausgegangen, dass dieser zum einen an die beanstandungsfreie Erfüllung der vertraglichen Leistungen während der Bewährungszeit anknüpft und zum anderen, dass ein Beschäftigter im Laufe der Zeit innerhalb seines Aufgabengebietes Fähigkeiten und Fertigkeiten durch seine Tätigkeit hinzu gewinnt, die seine persönliche Qualifikation erhöhen und eine Höhergruppierung rechtfertigen18. Damit honorierte der Bewährungsaufstieg eine bestimmte künftige Entwicklung des Beschäftigten, die zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Einstellung (unter Berücksichtigung einer Anlernzeit von drei Monaten) naturgemäß noch keinen qualitativen Wert vermitteln konnte. Damit ist entsprechend der vorstehend zitierten Rechtsprechung des BSG6 dem Kläger die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters nach Teil I Entgeltgruppe 3 sozial zumutbar. Zu demselben Ergebnis ist ohne Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auch das Hessische LSG in seiner bereits genannten Entscheidung gelangt19. Dem Kläger steht demnach kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) zu.
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2012 – L 13 R 4924/09
- BGBl. I S. 1827 ff.[↩]
- vgl. BSG vom 22.10.1996 – 13 RJ 35/96 = SozR 3–2200 § 1246 Nr. 55 – Juris Rdnr. 30; Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 24 ff. m.w.N.[↩]
- BSG vom 22.09.1977 – 5 RJ 96/76 = SozR 2200 § 1246 Nr. 23; BSG vom 09.09.1986 – 5b RJ 50/84 = SozR 2200 § 1246 Nr. 139[↩]
- BSG vom 20.08.1997 – 13 RJ 39/96 – SozR 3–2600 § 43 Nr. 17[↩]
- BSG vom 07.06.1988 – 8/5a RKn 14/87[↩]
- BSG a.a.O.[↩][↩][↩]
- BSG vom 03.11.1982 – 1 RJ 12/81 = SozR 2200 § 1246 Nr. 102; BSG vom 30.10.1991 – 8 RKn 4/90[↩]
- vgl. Hessisches LSG vom 15.04.2011 – L 5 R 331/09; LSG Baden-Württemberg vom 18.07.2006 – L 10 R 953/05[↩]
- Hessisches LSG a.a.O.[↩]
- LSG Baden-Württemberg a.a.O.[↩][↩]
- Bayerisches LSG, vom 08.02.2012 – L 1 R 1005/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.08.2009 – L 10 R 269/08; a.A. LSG Berlin-Brandenburg vom 17.11.2011 – L 4 R 380/11[↩]
- BSG vom 12.09.1991 = SozR 3–2200 § 1246 Nr. 17, m.w.N.[↩]
- BSG a.a.O., Juris Rdnr. 23[↩]
- vergleiche Schreiben der TdL vom 27.06.2012 sowie von ver.di vom 06.08.2012[↩]
- im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg vom 19.07.2012 – L 10 R 1780/11;. Bayerisches LSG vom 17.04.2012 – L 20 R 19/08[↩]
- BSG vom 12.09.1991 a.a.O.[↩]
- vgl. BSG a.a.O.[↩]
- vgl. BAG vom 14.09.1988 – 4 AZR 351/88 = BAGE 59, 306 – Juris Rdnr. 24[↩]
- Hess. LSG, a.a.O.; im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg a.a.O.; Bayerisches LSG a.a.O.[↩]