Ein Anspruch auf Anpassung der Betriebsrente kann sich, wenn die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers der Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG entgegensteht, ausnahmsweise aus § 826 BGB ergeben. Denkbar ist ein solcher Schadensersatzanspruch, wenn der konzernangehörige Arbeitgeber sein operatives Geschäft innerhalb des Konzerns überträgt und dort die wirtschaftlichen Aktivitäten weitergeführt werden.
Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
In objektiver Hinsicht muss das Verhalten nach seinem Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Der Gesamtcharakter ist durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass eine Handlung gegen vertragliche Pflichten oder das Gesetz verstößt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Es muss vielmehr eine besondere Verwerflichkeit hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann1. Nach seinem Zweck stellt § 826 BGB als deliktsrechtliche Generalklausel einen Auffangtatbestand für von anderen Tatbeständen der unerlaubten Handlung nicht erfasste Schutzlücken dar.
Im Bereich der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG können solche Schutzlücken dadurch entstehen, dass diese Norm hinsichtlich der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG und der sich daraus möglicherweise ergebenden Anpassungsverpflichtung an die wirtschaftliche Lage des unmittelbaren Versorgungsschuldners anknüpft. Der Gesetzgeber setzt dabei voraus, dass dieser seine wirtschaftlichen Entscheidungen im Eigeninteresse trifft, mithin eine möglichst günstige wirtschaftliche Entwicklung für sich anstrebt2. Da der Versorgungsempfänger keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik hat, ist er in den Fällen, in denen sich diese Erwartung des Gesetzgebers nicht erfüllt, sondern der Arbeitgeber als unmittelbarer Versorgungsschuldner seine Entscheidungen an anderen Kriterien ausrichtet, den dadurch hervorgerufenen Folgen ausgesetzt. Führen diese Entscheidungen dazu, dass die wirtschaftliche Lage einer Anpassung der Betriebsrente entgegensteht, kann dies zur Folge haben, dass die Betriebsrente, für die der Betriebsrentner seine Gegenleistung bereits erbracht hat, ausgezehrt wird und damit an Wert verliert.
In subjektiver Hinsicht verlangt § 826 BGB Vorsatz. Das erfordert keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles. Vielmehr genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen. Zudem muss der – bedingte – Vorsatz auch nicht den konkreten Kausalverlauf sowie den genauen Umfang des Schadens umfassen. Es reicht vielmehr, wenn er sich auf Art und Richtung des Schadens erstreckt3.
Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB ist die Wiederherstellung des Zustands, der ohne die sittenwidrige Schädigung entstanden wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Dazu gehört auch der entgangene Gewinn (§ 252 Satz 1 BGB), der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (§ 252 Satz 2 BGB). Bei einer wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners nach § 16 BetrAVG unterbleibenden Betriebsrentenanpassung kommt es daher darauf an, ob die Anpassung ohne die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung wahrscheinlich geschuldet worden wäre. Diese Anpassung ist dann vorzunehmen. Einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB gegen die originäre Versorgungsschuldnerin steht daher nicht entgegen, dass die Schadensersatzpflicht ggf. die Vermögenssubstanz der Versorgungsschuldnerin beeinträchtigt.
Insoweit sind bei der Prüfung folgende Gesichtspunkte zu beachten:
Die bloße Stilllegung eines Betriebs kann von vornherein keinen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB auslösen. Das Recht des Unternehmers seinen Betrieb einzustellen ist von der Rechtsordnung geschützt4.
Auch ein Betriebsübergang als solcher rechtfertigt grundsätzlich keinen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB, da die Rechtsordnung die Veräußerung von Betrieben und Betriebsteilen ausdrücklich zulässt. Folglich kann sich allein aus dem Umstand, dass ein Betriebsübergang stattgefunden hat, der zur Folge hat, dass der Versorgungsschuldner zu einer Rentnergesellschaft wird, kein Ersatzanspruch ergeben.
In Betracht kann ein gegen den originären Versorgungsschuldner gerichteter Schadensersatzanspruch hingegen kommen, wenn der Versorgungsschuldner sein operatives Geschäft innerhalb des Konzerns überträgt. Arbeitnehmer und Betriebsrentner eines konzernangehörigen Unternehmens sind besonderen Gefahren ausgesetzt. Ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Arbeitgeber bemüht sich im Eigeninteresse darum, die Liquidität seines Unternehmens zu erhalten und den Gewinn zu steigern. Diese Annahme ist jedoch bei einem konzernangehörigen Unternehmen nicht ohne Weiteres gerechtfertigt. Es kann deshalb ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB in Betracht kommen, wenn die bislang vom Versorgungsschuldner ausgeübten wirtschaftlichen Aktivitäten im Konzern weitergeführt werden und dadurch ein Auseinanderfallen der wirtschaftlichen Aktivitäten einerseits und der Versorgungsverbindlichkeiten andererseits herbeigeführt wird. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, ob dem Versorgungsschuldner für den veräußerten Geschäftsbetrieb eine (marktgerechte) Gegenleistung zugeflossen ist. Des Weiteren wird auch zu beachten sein, aus welchem Anlass die Veräußerung des Betriebs oder Betriebsteils erfolgte. Im Hinblick auf den bislang fehlenden Sachvortrag der Parteien zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt, sieht das Bundesarbeitsgericht insoweit von weiteren Hinweisen hierzu ab.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. September 2015 – 3 AZR 839/13