Altersteilzeit kann nach den Bestimmungen einer betrieblichen Versorgungsordnung als Teilzeitbeschäftigung und nicht als Vollzeit zu behandeln sein.
So auch in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall, in dem die Versorgungsordnung in ihrer Ziffer 2.04.01. bestimmte:
2.04.1 Pensionsfähiges Diensteinkommen
Pensionsfähiges Diensteinkommen ist das auf 5 DM oder nächsthöhere Vielfache aufgerundete monatliche Arbeitsentgelt, das der Mitarbeiter im Durchschnitt der letzten 36 Monate vor seinem Ausscheiden bezogen hat.
Hat der Mitarbeiter in diesem Zeitraum wegen Krankheit, Kurzarbeit oder sonstiger unverschuldeter Umstände nicht das volle Arbeitsentgelt bezogen, so wird als Arbeitsentgelt der Betrag zugrunde gelegt, den der Mitarbeiter ohne dieses Ereignis bezogen hätte.
…
Bei Mitarbeitern, die während ihrer Dienstzeit zeitweise oder mit unterschiedlichen Arbeitszeiten teilzeitbeschäftigt waren, wird die aus dem pensionsfähigen Diensteinkommen errechnete Betriebsrente im Verhältnis der persönlichen zur vollen tariflichen Arbeitszeit während der gesamten Dienstzeit erhöht oder gemindert.“
Danach ist, so das Bundesarbeitsgericht, Altersteilzeit eine Teilzeitbeschäftigung iSv. Nr. 2.04.1 Abs. 4 V-VO und nicht als Vollzeit zu behandeln.
Hierfür spricht bereits der Wortlaut, der jedoch (lediglich) Ausgangspunkt der Auslegung ist1. Die Feststellung, dass der Wortlaut eindeutig ist, stellt das Ergebnis der Auslegung dar. Ein Text ist immer mehrdeutig. Es besteht für jeden Normgeber die Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen2.
Zwar nennt die V-VO die Altersteilzeit nicht ausdrücklich. Die Betriebsparteien haben allerdings mit Nr. 2.04.1 Abs. 4 V-VO eine Regelung für teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter getroffen. Da Altersteilzeitbeschäftigung eine Form der Teilzeitbeschäftigung ist3 und zwar auch dann, wenn sie in einem Blockmodell erfolgt4, erfasst die Regelung nach ihrem Wortlaut auch die Altersteilzeitbeschäftigung im Blockmodell.
Auch der Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck sprechen für dieses aus dem Wortlaut abgeleitete Verständnis von Nr. 2.04.1 Abs. 4 V-VO.
Nach Nr. 2.2 V-VO richtet sich die Höhe der Ruhestandsrente nach der Zahl der Dienstjahre. Diese beträgt nach Nr. 2.02.1 V-VO 0, 3 vH des pensionsfähigen Diensteinkommens für jedes pensionsfähige Dienstjahr (Grundrente). Für den Teil des pensionsfähigen Diensteinkommens, der über die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung hinausgeht, wird zusätzlich für höchstens 25 Dienstjahre eine Zusatzrente iHv. 1, 5 vH des Diensteinkommens gewährt. Entscheidend für die Höhe der Ruhestandsrente ist damit neben den Dienstjahren das pensionsfähige Diensteinkommen, das in Nr. 2.4 V-VO geregelt ist. Dabei ist nach Nr. 2.04.1 V-VO das (aufgerundete) monatliche Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten 36 Monaten vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bezogen hat, zugrunde zu legen, wobei nach Nr. 2.04.2 V-VO einzelne Vergütungsbestandteile, wie etwa Vergütungen für Bereitschaftsdienst, Tagegelder, Auslagenersatz, Tantiemen, Gratifikationen, Jubiläumszuwendungen, vermögenswirksame Leistungen ua., ausgenommen sind. Durch den auf 36 Monate gestreckten Referenzzeitraum und das Abstellen auf das tatsächlich in diesem Zeitraum bezogene monatliche pensionsfähige Arbeitsentgelt wird eine in diesem Zeitraum erfolgte Teilzeitbeschäftigung berücksichtigt, dh. das pensionsfähige Diensteinkommen knüpft nicht an ein Vollzeiteinkommen, sondern an das tatsächlich bezogene an.
Nach der so erfolgten Ermittlung des tatsächlich bezogenen pensionsfähigen Einkommens wird schließlich nach Nr. 2.04.1 Abs. 4 V-VO bei Mitarbeitern, die während ihrer Dienstzeit zeitweise oder mit unterschiedlichen Arbeitszeiten teilzeitbeschäftigt waren, die aus dem pensionsfähigen Diensteinkommen errechnete Betriebsrente im Verhältnis der persönlichen zur vollen tariflichen Arbeitszeit während der gesamten Dienstzeit erhöht oder gemindert. Nr. 2.04.1 Abs. 4 V-VO enthält damit einen Dienstzeitfaktor und betont in besonderem Maße den Entgeltcharakter gegenüber dem Versorgungscharakter der Betriebsrente nach der V-VO. Zwar ist das pensionsfähige Diensteinkommen Ausgangspunkt für die Festlegung des Rentenniveaus. Dieses ist jedoch nur in dem Umfang geschuldet, der der während des gesamten Arbeitsverhältnisses erbrachten Arbeitsleistung entspricht.
Die vorliegende Versorgungsordnung ist deshalb auch nicht mit derjenigen vergleichbar, die dem von der Arbeitnehmerin angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.04.20125 zugrunde lag. Dort war der Beschäftigungs- bzw. Teilzeitfaktor auf eine begrenzte Zeit vor dem Eintritt des Versorgungsfalls bezogen. Das Rentenniveau wurde deshalb in dem Maße gesichert, wie es sich während dieses Zeitraums darstellte, nicht jedoch entsprechend der während des gesamten Arbeitsverhältnisses geschuldeten Arbeitsleistung.
Diesem Verständnis steht auch die Regelung der Nr. 2.04.1 Abs. 2 V-VO nicht entgegen. Danach wird als Arbeitsentgelt das volle Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, wenn ein Mitarbeiter in dem Zeitraum nach Nr. 2.04.1 Abs. 1 V-VO (also in den letzten 36 Monaten vor dem Ausscheiden) wegen Krankheit, Kurzarbeit oder sonstiger unverschuldeter Umstände nicht das volle Arbeitsentgelt bezogen hat. Diese Regelung gleicht Schwankungen beim tatsächlich bezogenen pensionsfähigen Diensteinkommen aus, stellt aber nicht generell auf ein Vollzeiteinkommen ab, sondern bezieht sich allein auf die Frage, wie das pensionsfähige Diensteinkommen nach Nr. 2.04.1 Abs. 1 V-VO zu berechnen ist. Lediglich Ausfälle beim tatsächlich dem Arbeitnehmer bei Arbeitsleistung geschuldeten Entgelt, sei es bei Vollzeit- oder bei Teilzeitarbeit, die auf den angeführten Gründen (Krankheit, Kurzarbeit oder sonstiger unverschuldeter Umstände) beruhen, sollen bei der Berechnung der Betriebsrente unberücksichtigt bleiben.
Schließlich spricht für dieses Verständnis der Regelung auch, dass es bereits bei der Schaffung der V-VO im Juli 1989 eine gesetzliche Regelung zur Altersteilzeit gab. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20.12.19886 wurde ein Altersteilzeitgesetz geschaffen, das nach dessen Art. 10 mit Wirkung zum 1.01.1989 in Kraft getreten ist und damit den Betriebsparteien bei der Schaffung der Versorgungsordnung im Juli 1989 bekannt war. Wenn sie in Kenntnis dessen gleichwohl keine besondere Regelung für die Altersteilzeit getroffen haben, spricht auch dies dafür, dass die Altersteilzeit entsprechend der Regelung für Teilzeit behandelt werden soll. Soweit das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 17.04.20127 auf das letztlich zweite Altersteilzeitgesetz vom 23.07.19968 abgestellt hat, ist dies missverständlich und wird hiermit klargestellt.
Darüber hinaus gab es im Bereich der chemischen Industrie jedenfalls seit den 1980er-Jahren tarifvertragliche Regelungen zur Altersteilzeit, wie etwa den Tarifvertrag über Vorruhestand und Alters-Teilzeitarbeit vom 01.03.1985. Vor diesem Hintergrund scheidet auch die Annahme einer ausfüllungsbedürftigen planwidrigen Regelungslücke aus.
Ein gesetzeskonformes Verständnis der Regelung erfordert ebenfalls keine andere Auslegung.
Das Altersteilzeitgesetz fordert – entgegen der Auffassung der Arbeitnehmerin – weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung eine Berücksichtigung der Altersteilzeit als Vollzeit. Eine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne trifft das Gesetz nicht. Aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltersteilzeitG, der von einem „Regelarbeitsentgelt“, das aufzustocken ist, spricht, ergibt sich, dass die reguläre Vergütung im Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu gewähren ist. Es handelt sich also – wie ausgeführt – um ein reguläres Teilzeitarbeitsverhältnis, das zudem – wie § 8 Abs. 3 AltersteilzeitG zeigt – befristet ist. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass arbeitsrechtlich ein befristetes Teilzeitarbeitsverhältnis vorliegt mit den in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AltersteilzeitG aufgeführten weiteren arbeitsrechtlichen Folgen und der Verpflichtung zu Leistung von Aufstockungsbeträgen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltersteilzeitG. Alle sonstigen Regelungen im Altersteilzeitgesetz beziehen sich ausschließlich auf sozialrechtliche Fragen und legen dem Arbeitgeber keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen auf. Auch aus § 10 Abs. 1 AltersteilzeitG folgt nichts anderes. Diese Regelung hat ausschließlich die Berechnung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe zum Gegenstand und trifft gerade keine Regelung für arbeitsrechtliche Aspekte der Altersteilzeit.
Auch § 4 Abs. 1 TzBfG steht dem nicht entgegen. Mit Nr. 2.04.1 Abs. 4 V-VO wird vielmehr dem in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG festgelegten Pro-rata-temporis-Grundsatz Rechnung getragen. Danach ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Ein Arbeitnehmer, der Teilzeitarbeit leistet, kann nicht die gleiche Vergütung verlangen wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Diese Grundsätze gelten auch für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung9. Eine proportionale Kürzung der Altersversorgung des Teilzeitbeschäftigten unter Berücksichtigung der während des gesamten Arbeitsverhältnisses geleisteten Teilzeitarbeit ist grundsätzlich zulässig10.
Es kann dahinstehen, ob die Arbeitgeberin bei der Berechnung der Betriebsrente nach Nr. 2.04.1 Abs. 1 V-VO von dem Teilzeiteinkommen der Arbeitnehmerin, von dem Teilzeiteinkommen nebst tarifvertraglichen und einzelvertraglichen Aufstockungsleistungen oder von einem fiktiven Vollzeiteinkommen auszugehen hat. Die Arbeitgeberin hat ihren Berechnungen das Vollzeiteinkommen ohne Berücksichtigung der Altersteilzeit und damit die für die Arbeitnehmerin günstigste Möglichkeit zugrunde gelegt. Die Arbeitgeberin hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht ausdrücklich erklärt, hiervon – auch künftig – nicht abweichen zu wollen. Darüber hinaus ist Klagegegenstand nur der Rentenbetrag, der über den von der Arbeitgeberin freiwillig gewährten hinausgeht. Die Arbeitnehmerin hat unter keinem Gesichtspunkt Anspruch auf eine Betriebsrente, die die tatsächlich von der Arbeitgeberin geleistete übersteigt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Januar 2020 – 3 AZR 565/18
- vgl. BAG 17.04.2012 – 3 AZR 280/10, Rn. 14; vgl. für Gesetze BVerfG 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 ua., Rn. 66, BVerfGE 133, 168[↩]
- vgl. für Gesetze BVerfG 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 ua. – aaO[↩]
- vgl. BAG 23.02.2016 – 3 AZR 44/14, Rn. 67; 31.01.2008 – 8 AZR 27/07, Rn. 38, BAGE 125, 333[↩]
- vgl. BAG 17.04.2012 – 3 AZR 280/10, Rn. 16[↩]
- BAG 17.04.2012 – 3 AZR 280/10[↩]
- BGBl. I S. 2343[↩]
- BAG 17.04.2012 – 3 AZR 280/10, Rn. 24[↩]
- BGBl. I S. 1078[↩]
- BAG 19.04.2016 – 3 AZR 526/14, Rn. 24; 28.05.2013 – 3 AZR 266/11, Rn. 23 mwN[↩]
- vgl. BAG 28.05.2013 – 3 AZR 266/11, Rn. 24[↩]