Die Regelung zur Einweisung in die ungekürzte Altersrente wegen nach alter Rechtlage entrichteter zusätzlicher Beiträge in § 12 Abs. 3 Satz 2 Versorgungsstatut der Ärztekammer Hamburg (2009) ermächtigt zur konkreten Feststellung des nach gegenwärtiger Rechtslage voraussichtlichen Rentenbeginns, wenn dieser Zeitpunkt zwischen den Beteiligten im Streit ist. § 7 HmbKHG enthält eine hinreichende gesetzliche Ermächtigung für die durch Satzung erfolgte Änderung des regelmäßigen Renteneintrittsalters. Gegen die Erhöhung des Regelrenteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre für Mitglieder des Versorgungswerks der Ärztekammer Hamburg bestehen weder in formeller noch in materieller Hinsicht durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken.
Die erforderliche gesetzliche Ermächtigung zur satzungsmäßigen Festlegung des Regelrenteneintrittsalters findet sich in § 7 HmbKGH. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HmbKGH hat das Versorgungswerk eine Altersrente zu gewähren und nach § 7 Abs. 3 Satz 1 HmbKGH die notwendigen Beiträge zu erheben. Der Satzungsgeber wird in § 7 Abs. 4 HmbKGH ermächtigt, das Nähere zu regeln, insbesondere hat dieser nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 HmbKGH die Art und Höhe der Versorgungsleistungen sowie nach Nr. 3 die Höhe der Beiträge zu bestimmen. Es liegt auf der Hand, dass der Satzungsgeber damit auch zur Festlegung des Beginns des Leistungsbezugs, d.h. hier zur Festlegung des Regelrenteneintrittsalters ermächtigt ist. Die Bestimmung des Regelrenteneintrittsalters ist nach der gesetzgeberischen Konzeption vorausgesetztes Funktionselement des Versorgungswerks. Gleiches gilt für die Änderung des Regelrenteneintrittsalters. Ebenso wie sich aus der Versorgungsaufgabe ergibt, dass die Leistungen, wenn es erforderlich ist, angepasst werden können1 folgt hieraus auch, dass das Regelrenteneintrittsalter durch den Satzungsgeber erforderlichenfalls angepasst werden kann.
§ 7 HmbKGH stellt auch eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage zur Festlegung des Regelrenteneintrittsalters dar. Die auf den Satzungsgeber delegierte Möglichkeit, das Regelrenteneintrittsalter für die Mitglieder des Versorgungswerks zu bestimmen und ggf. auch anzuheben (oder zu senken), verstößt nicht gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes hergeleitete Verpflichtung des Gesetzgebers, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen2. Ob eine Entscheidung wesentlich ist und damit dem Parlament selbst vorbehalten bleiben muss oder zumindest nur aufgrund einer inhaltlich bestimmten parlamentarischen Ermächtigung ergehen darf, richtet sich zunächst allgemein nach dem Grundgesetz, wobei der Schutz der Grundrechte einen wichtigen Gesichtspunkt vermittelt3. Auch wesentliche Entscheidungen für die Verwirklichung der Grundrechte muss der Gesetzgeber nicht selbst in allen Einzelheiten treffen. Im Fall der Rechtssetzung im Verordnungswege genügt dem Parlamentsvorbehalt gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG bzw. Art. 53 Abs. 1 Satz 2 Hamburgische Verfassung eine gesetzliche Ermächtigung, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der delegierten Regelungsbefugnis hinreichend bestimmt4. Der Gesetzgeber soll jedenfalls im Bereich der Grundrechtsausübung die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und, sofern Einzelregelungen einer Verordnung überlassen bleiben, die Tendenz und das Programm schon insoweit umreißen, dass sich der Zweck und der mögliche Inhalt der Verordnung bestimmen lassen. Allerdings müssen sich die gesetzlichen Vorgaben nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm ergeben. Es genügt, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte des Gesetzes5. Für die Rechtsetzungsermächtigung in Form von Satzungen gelten keine weitergehenden Anforderungen6.
Nach diesen Maßgaben ist § 7 HmbKGH im Hinblick auf die Bestimmung des Regelrenteneintrittsalters in einem Versorgungsstatut des Versorgungswerks der Ärtzekammer Hamburg nicht zu beanstanden. Der Zweck der Einrichtung des Versorgungswerks ist in § 7 Abs. 1 Satz 1 HmbKGH eindeutig mit der Sicherung der Kammermitglieder im Alter und bei Berufsunfähigkeit sowie der Sicherung der Hinterbliebenen vorgegeben. Zu diesem Zweck ist das Versorgungswerk als eigenfinanziertes, weitgehend selbstständiges Versicherungssystem der Mitglieder konzipiert. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 HmbKGH ist das Vermögen des Versorgungswerks vom übrigen Vermögen der Kammer unabhängig und getrennt zu halten. § 7 Abs. 6 Sätze 2 und 3 HmbKGH sehen vor, dass für Verbindlichkeiten des Versorgungswerks nur dessen Vermögen haftet, und dieses seinerseits auch nicht für Verbindlichkeiten der Kammer haftet. Die Sicherung der Kammermitglieder im Alter wird nur über die Beiträge der Mitglieder finanziert. Die Versorgungsaufgabe kann bei eintretenden Änderungen, wie etwa der steigenden Lebenserwartung der Mitglieder, daher nur erreicht werden, wenn die entscheidenden Parameter angepasst werden können. Hierzu gehören neben den Beiträgen, die Höhe der Leistungen und – soweit die Altersrente in Rede steht – das Regelrenteneintrittsalter. Die Alterssicherung der Mitglieder wäre gefährdet, wenn diese Parameter nicht neuen Umständen – unter Beachtung insbesondere von Vertrauensschutzgesichtspunkten – angepasst werden könnten. Für die Höhe der Beiträge hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 3 Satz 2 HmbKGH ausdrücklich vorgesehen, dass diese sich grundsätzlich nach den Beiträgen richten, welche Angestellte zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen haben. Ist somit ein Rahmen für die Höhe der Beiträge gesetzlich vorgegeben, hat der Gesetzgeber ersichtlich Anpassungsmöglichkeiten u.a. hinsichtlich des Renteneintrittsalters vorausgesetzt. Der Gesetzgeber hat diese Spielräume auch mit der Festlegung der Aufgabe des Versorgungswerks, insbesondere die Alterssicherung der Mitglieder zu gewährleisten, und mit der Konzeption des Versorgungswerks als eigenfinanziertes und weitgehend selbstständiges Versicherungssystem hinreichend klar vorgegeben. Näherer gesetzlicher Vorgaben zu den konkreten Voraussetzungen und der näheren Ausgestaltung solcher Anpassungen bedurfte es nicht, da Satzungsänderungen durch ein autonomes, demokratisch legitimiertes Selbstverwaltungsorgan erfolgen.
Der Beschluss der Delegiertenversammlung der Ärtzekammer Hamburg über die zum 1.01.2009 in Kraft getretene Neufassung des Versorgungsstatuts ist auch hinreichend demokratisch legitimiert. Überlässt der Gesetzgeber öffentlich-rechtlichen Körperschaften o.Ä. als Trägern funktionaler Selbstverwaltung bestimmte Aufgaben zur Regelung in Satzungsautonomie, darf er ihnen die Rechtsetzungsbefugnis nicht zur völlig freien Verfügung überlassen. Neben der oben genannten Anforderung, dass die wesentlichen (materiell-rechtlichen) Entscheidungen durch den Gesetzgeber getroffen werden müssen, müssen institutionelle Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen der von der Satzungsgewalt erfassten Personen getroffen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts7 gilt insoweit folgendes:
Organisation und Verfahren müssen Gewähr dafür bieten, dass die verfolgten öffentlichen Aufgaben innerhalb der Anstalt für diejenigen, die der Satzungsgewalt unterworfen sind, unter Berücksichtigung ihrer Interessen angemessen wahrgenommen werden. Dies gilt insbesondere bei der Delegation der Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu treffen. Die Bildung der Organe, ihre Aufgaben und Handlungsbefugnisse müssen in ihren Grundstrukturen in einem parlamentarischen Gesetz ausreichend bestimmt sein; das Gesetz muss außerdem mittels Vorgaben für das Verfahren der autonomen Entscheidungsfindung eine angemessene Partizipation der Berufsangehörigen an der Willensbildung gewährleisten8. Die Organe müssen nach demokratischen Grundsätzen gebildet werden9; es sind institutionelle Vorkehrungen vorzusehen, damit die Beschlüsse so gefasst werden, dass nicht einzelne Interessen bevorzugt werden10. Das weitgehende Ermessen des Gesetzgebers hinsichtlich der Bildung von Organisationseinheiten und der Auswahl der zu übertragenden Aufgaben findet seine Grenze darin, dass die von ihm zu setzenden Regelungen über Strukturen und Entscheidungsprozesse, in denen diese Aufgaben bewältigt werden sollen, dem Demokratie- und dem Rechtsstaatsprinzip entsprechen müssen. Der Gesetzgeber hat sicherzustellen, dass sich die verbindlich und autonom gesetzten Regelungen mit Eingriffscharakter als Ergebnis eines demokratischen Willensbildungsprozesses im Innern darstellen.
Diese Anforderungen gelten für das Versorgungswerk der Ärtzekammer Hamburg unbeschadet des Umstands, dass das Versorgungswerk nicht als rechtsfähiger Verwaltungsträger ausgestaltet, sondern eine Einrichtung der Ärtzekammer Hamburg ist (vgl. § 7 Abs. 8 HmbKGH und § 1 Abs. 1 VSt). Denn entscheidend ist allein, dass mit der gesetzlichen Übertragung von Satzungsautonomie die Betroffenen der Satzungsgewalt der Körperschaft unterliegen.
Nach den genannten Maßgaben ist der Einwand, der Satzungsänderung fehle die demokratische Legitimation, nicht begründet. Der Gesetzgeber hat die erforderlichen organisatorischen und verfahrensrechtlichen Regelungen getroffen. Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 HmbKGH entscheidet die Delegiertenversammlung der Ärztekammer über Satzungen und somit auch über das gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HmbKGH als Satzung zu beschließende Versorgungsstatut. Zur Delegiertenversammlung sind nach § 18 Abs. 1 Satz 1 HmbKGH – von wenigen hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – alle Kammermitglieder wählbar. § 7 Abs. 1 Satz 2 HmbKGH sieht vor, dass die Kammermitglieder zugleich Mitglieder des Versorgungswerks sind. Abweichungen von diesem Grundsatz sind nach § 7 Abs. 1 Satz 3 HmbKGH auf Ausnahmen beschränkt. Hierdurch ist gewährleistet, dass sich die Delegiertenversammlung typischerweise ganz überwiegend aus solchen Personen zusammensetzt, die auch selbst Mitglied des Versorgungswerks sind. Dass auch Delegierte über Angelegenheiten des Versorgungswerks mitbeschließen können, die nicht zugleich Mitglied des Versorgungswerks sind, ist als solches verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn verfassungsrechtlich ist nicht erforderlich, dass das satzungsgebende Organ ausschließlich mit solchen Personen besetzt ist, die selbst von jeder getroffenen Entscheidung (gleichermaßen) betroffen sind. Wie oben dargestellt, ist eine angemessene Partizipation sicherzustellen. Diese würde etwa verfehlt, wenn keine maßgebliche Mitwirkung in dem die Satzungsgewalt ausübenden Organ möglich wäre11, was vorliegend nicht der Fall ist. Vielmehr halten sich die Regelungen des Versorgungsstatuts in dem gesetzlich vorgegebenen Rahmen, weil nach dem Versorgungsstatut nur ausnahmsweise Kammermitglieder nicht zugleich auch Mitglieder des Versorgungswerks sind. Das Versorgungsstatut sieht in § 7 Abs. 1 Satz 1 vor, dass alle Mitglieder der Ärztekammer Hamburg Pflichtmitglieder des Versorgungswerks sind. Hiervon sieht das Versorgungsstatut nur für genau bestimmte Fälle Ausnahmen vor. Nach § 7 Abs. 2 VSt sind Mitglieder der Ärztekammer von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk ausgeschlossen, die bei Beginn der Mitgliedschaft in der Ärztekammer das Regelrenteneintrittsalter gemäß § 12 Abs. 2 VSt vollendet haben sowie solche Ärzte, die bei Beginn der Mitgliedschaft zur Ärztekammer berufsunfähig sind. Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 VSt sind Beamte, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit versicherungsfrei, solange und soweit für sie Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Ferner sind nach § 7 Abs. 6 bis 8 VSt Mitglieder der Ärztekammer von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk ausgeschlossen bzw. befreit, die vor dem 1.01.2005 von der Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk wegen Vollendung des 45. Lebensjahres ausgeschlossen waren oder ausgeschlossen wären (Abs. 6), oder vor diesem Datum von der Mitgliedschaft zugunsten der Mitgliedschaft in einem anderen berufsständischen Versorgungswerk befreit wurden und die Mitgliedschaft fortbesteht (Abs. 8), oder bei Errichtung eines anderen berufsständischen Versorgungswerks die Befreiung von der Mitgliedschaft erwirkt haben. Die Ausnahmen sind mithin auf bestimmte Sonderkonstellationen beschränkt. Auch in der Gesamtheit der bestehenden Ausnahmen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Anteil der Mitglieder der Ärztekammer, die nicht auch zugleich Mitglied des Versorgungswerks sind, derart groß ist oder werden könnte, dass die Mitglieder des Versorgungswerks von einem maßgeblichen bestimmenden Einfluss auf die das Versorgungswerk betreffenden Entscheidungen der Delegiertenversammlung abgeschnitten wären. Da das Versorgungswerk als Einrichtung der Ärztekammer konzipiert ist, wäre es umgekehrt nicht unbedenklich, Mitglieder der Ärztekammer von einer Mitbestimmung über die Angelegenheiten des Versorgungswerks gänzlich auszuschließen, soweit sie nicht Mitglieder des Versorgungswerks sind.
Ein (hinreichender) Einfluss der Mitglieder des Versorgungswerks ist ferner über die weiteren Verwaltungsorgane des Versorgungswerks gesichert. Verwaltungsorgane sind neben der Delegiertenversammlung nach § 2 VSt der Aufsichtsausschuss und der Verwaltungsausschuss. Von den sieben Mitgliedern des Aufsichtsausschusses, dem im Wesentlichen die Überwachung der Geschäftstätigkeit obliegt (§ 4 Abs. 5), müssen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VSt fünf Mitglieder der Ärztekammer sein, von denen nach § 4 Abs. 1 Satz 6 VSt vier dem Versorgungswerk angehören müssen. Der für die Geschäftsführung zuständige Verwaltungsausschuss besteht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VSt aus sechs Mitgliedern, davon mindestens vier Mitgliedern der Ärztekammer und davon wiederum nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VSt mindestens zwei Mitgliedern des Versorgungswerks.
Die Erhöhung des Regelrenteneintrittsalters ist auch in der Sache verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Sieht man in der Anhebung des Renteneintrittsalters aufgrund des dann späteren Rentenbezugsbeginns einen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG12, genügt die vorliegende Regelung mit einer nach Geburtsjahrgängen gestaffelten Anhebung jedenfalls den Anforderungen an eine verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht sieht Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung als gerechtfertigt an, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sind. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein13. Gleiches gilt für in berufsständischen Versorgungswerken erworbene Rentenanwartschaften14.
Die Neuregelung des Renteneintrittsalters in § 12 Abs. 2 VSt (2009) dient der Aufrechterhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Rentensystems des Versorgungswerks der Ärtzekammer Hamburg. Dabei handelt es sich um einen legitimen öffentlichen Zweck15. Die Ärztekammer Hamburg hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei unveränderter Rechtslage aufgrund der statistisch steigenden Lebenserwartung der Mitglieder des Versorgungswerks der Ärtzekammer Hamburg eine Lücke in der Deckungsrückstellung zu erwarten gewesen wäre, so dass Gegenmaßnahmen getroffen werden durften und mussten. Die schrittweise Erhöhung des Regelrenteneintrittsalters durfte der Satzungsgeber dabei als geeignet und erforderlich ansehen. Insbesondere war er nicht auf eine Kürzung der bestehenden Renten oder eine Beitragserhöhung verwiesen16. Die Einschätzung, dass sich solche alternativen Maßnahmen nicht als milder darstellen, ist bei der erforderlichen Betrachtung sowohl der Interessen der Leistungsempfänger als auch der Interessen derjenigen Mitglieder des Versorgungswerks, die Beiträge für einen künftigen Leistungsbezug zahlen, rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Anhebung des Regelrenteneintrittsalters ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Sie ist in der vorliegenden Ausgestaltung im Verhältnis zu dem angestrebten wichtigen Gemeinwohlzweck, nämlich die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Versorgungswerks aufrecht zu erhalten, angemessen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Regelungszweck zuvörderst den Mitgliedern des Versorgungswerkes selbst dient, auch jenen, für die ursprünglich als Renteneintrittsalter die Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehen war. Denn sie profitieren davon, indem die sonst zu erwartende Deckungslücke nicht durch eine Absenkung der Renten oder Erhöhung der Beiträge kompensiert wird. Zudem wurde mit der am 1.01.2009 in Kraft getretenen Neufassung des Versorgungsstatuts das Regelrenteneintrittsalter nur für die Geburtsjahrgänge ab 1949 und zwar gestaffelt angehoben, sodass die Mitglieder, die im Jahr 2009 ihr 60. Lebensjahr vollendeten, die ersten betroffenen Jahrgänge waren, wobei sich bei diesen das Renteneintrittsalter lediglich um 2 Monate verschob. Die ältesten von der Erhöhung des Renteneintrittsalters um 2 Jahre betroffenen Mitglieder sind diejenigen der Jahrgänge 1960, also jene, die im Jahr 2009 ihr 49. Lebensjahr vollendeten. Damit wurde den Mitgliedern je nach Alter eine angemessene Zeit eingeräumt, sich in ihrer Lebensplanung auf die neuen Verhältnisse einzustellen, so dass keine unzumutbare Belastung entsteht.
Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf die Vollendung des 67. Lebensjahres in der von der Ärtzekammer Hamburg beschlossenen Weise verstößt auch nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, der im Bereich der Eigentumsgarantie eine besondere Ausprägung erfahren hat17. Eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist es, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Die Eigentumsgarantie erfüllt daher für die durch sie geschützten rentenversicherungsrechtlichen Positionen die Funktion des Vertrauensschutzes gegenüber Eingriffsakten18. Auch vor diesem Hintergrund ist allerdings ein Vertrauen darauf, dass die bisher erworbenen Rentenanwartschaften einschließlich der Regelaltersgrenze von 65 Jahren gegen die Einflüsse demographischer Entwicklungen abgesichert seien, rechtlich nicht geschützt. Rentenrechtliche Anwartschaften sind wegen des großen Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und der Aktivierung des Rentenanspruchs naturgemäß einer Veränderung der für die Rentenversicherung maßgeblichen Verhältnisse unterworfen19. Ändern sich die für das Versicherungssystem maßgebenden Verhältnisse durch äußere, politisch und rechtlich nicht unmittelbar beeinflusste Faktoren, wie hier die statistische Lebenserwartung der Mitglieder des Versorgungswerks, sind die erforderlichen Anpassungen auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich hinzunehmen. Der Normgeber muss dabei Rücksicht nehmen auf die Möglichkeit der Betroffenen, sich auf die veränderten Verhältnisse einzustellen. Insofern genießen Mitglieder, die kurz vor der Rente stehen, größeren Vertrauensschutz, von einer Erhöhung des Renteneintrittsalters verschont zu bleiben als jene, die auch nach bisheriger Rechtslage noch eine beträchtliche Zeit der Erwerbstätigkeit vor sich haben. Vorliegend hat die Ärztekammer Hamburg den schutzwürdigen Interessen der rentennäheren Jahrgänge durch die gestaffelte Erhöhung des Renteneintrittsalters Rechnung getragen. Der Vertrauensschutz ist auch bezüglich eines Arztes ausreichend gewahrt, der 2009, dem Jahr der Neuregelung des Renteneintrittsalters, erst sein 45. Lebensjahr vollendete und dementsprechend ausreichend Zeit hatte, sich auf die Hinausschiebung seines Renteneintrittsalters einzustellen.
Die Erhöhung des Regelrenteneintrittsalters verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liegt nicht vor, da bereits der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht betroffen ist. Die Umgestaltung von Versorgungsansprüchen in einer berufsständischen Zwangsversicherung betrifft nicht unmittelbar die Berufsausübung, sodass ein unmittelbarer Eingriff ersichtlich nicht vorliegt. Es fehlt aber auch die für einen mittelbaren Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG erforderliche objektiv berufsregelnde Tendenz. Der Beginn des Rentenbezugs stellt sich als bloße Folge der Ausübung des Berufs und der damit einhergehenden Zugehörigkeit zum Versorgungswerk der Ärtzekammer Hamburg dar. Die Folge des späteren Renteneintrittsalters steht lediglich in einem entfernten Zusammenhang mit der Berufstätigkeit und beeinflusst die eigentliche Berufsausübung nicht20.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. April 2014 – 3 Bf 50/11
- vgl. BVerwG, Urteil vom 29.01.1991, BVerwGE 87, 324, 327; Beschluss vom 22.11.1994, 1 NB 1/93 15[↩]
- vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 24.05.2006, BVerfGE 116, 24, 58 m.w.N.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 21.12.1977, BVerfGE 47, 46, 79[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.03.2014, 2 B 45/1320[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 14.03.1989, BVerfGE 80, 1, 20 f. m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 29.01.1991, BVerwGE 87, 324, 327; BayVGH, Urteil vom 21.11.2012, NVwZ-RR 2013, 370, 371[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004, BVerfGE 111, 191, 217 f.[↩]
- vgl. den Hinweis in BVerfGE 76, 171 <186>[↩]
- vgl. BVerfGE 33, 125 <157>[↩]
- vgl. BVerfGE 107, 59 <93> unter Bezugnahme auf BVerfGE 37, 1 <27 f.>[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 8.03.2002, NVwZ 2002, 851, 852[↩]
- offen gelassen von BVerfG, Beschluss vom 5.02.2009, 1 BvR 1631/04 13; Beschluss vom 3.02.2004, NVwZ 2004, 604, 605[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 5.02.2009, 1 BvR 1631/04 14[↩]
- BayVGH, Urteil vom 27.02.2013, 21 N 10.2966 41[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.04.1987, BVerfGE 75, 78, 98; Beschluss vom 5.02.2009, 1 BvR 1631/04 15 m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.02.2004, NVwZ 2004, 604, 605; BayVGH, Urteil vom 27.02.2013, 21 N 10.2966 50[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 27.02.2007, BVerfGE 117, 272, 294; vgl. Beschluss vom 5.02.2009, 1 BvR 1631/0419 ff.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 8.04.1987, BVerfGE 75, 78, 104 f.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 3.02.2004, NVwZ 2004, 604, 605; BayVGH, Urteil vom 27.02.2013, 21 N 10.2966 53[↩]
- vgl. entsprechend zur Beitragszahlung der Pflichtmitglieder: BVerfG, Beschluss vom 25.02.1960, BVerfGE 10, 354, 362 f.[↩]